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Kleinhaus, An der Stadtmauer 5

Das soziale Gefälle in der Stadt zeigt sich um 1829 teilweise auch in der Verteilung der unterschiedlich großen Parzellen. Die größeren Parzellen am Kirchplatz und am ehemaligen Markt um die St.-Vincenz-Kirche sowie an den Hauptstraßen waren vornehmlich mit repräsentativen Häusern der Wohlhabenden bebaut. Die mittelgroßen Bauplätze waren über alle Stadtviertel verteilt, und die kleinsten der wohl meist sozial schwächer Gestellten lagen eher am Rand und an untergeordneten Straßen. Ein Kern-Rand-Gefälle in sozialer Sicht wird durch die Grundstücksgrößen deutlich.

Stadtmauer 5, Foto 1997
 

Die tradierte Bürgerkultur in Menden wurde seit der Mitte des 18. Jahrhunderts allmählich abgelöst durch den Einzug „aufgeklärter” Lebens- und industriell orientierter Arbeitsmethoden. Getragen wurde die Entwicklung wesentlich von Pendlern, jungen Arbeitskräften und eingebürgerten Unternehmern, die ihre wirtschaftliche Wurzel in dem vom Eisengewerbe geprägten märkischen Sauerland hatten.

Die Zahl der Handwerker und die der unterständischen Tagelöhner stieg in diesem Jahrhundert merklich an. Die Zunahme von Kleinhäusern in der Stadt nach etwa 1750 auf dem Graben-Mauer-Terrain spiegelt den wirtschaftlichen Strukturwandel hin zu einem im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts frühindustriell ausgerichteten Erwerbswesen mit rezenten landwirtschaftlichen und handwerklichen Funktionen.

Solange die Stadtmauer oberhalb der Straßen „An der Stadtmauer” und der Pastoratstraße vor anrückenden Feinden Schutz bot, war die Bebauung am Fuße der Mauer nicht gestattet. Im Jahre 1712 erging die noch 1743 wiederholte Anordnung, daß keine neuen „Häuser auf den Mauern herumhangen und gebaut werden” durften. Es blieb aber weiterhin verboten, in die Mauer Türen zu brechen. Die Stadtmauer machte mindestens seit dem Jahre 1753 ebenso wie Gräben, Tore und Türme einen schimpflichen und schändlichen Eindruck. Die Stadt müsse sich wieder von einem Dorfe unterscheiden können, klagte der Rat und meinte offensichtlich damit auch, daß der Charakter einer Stadt sich in einer funktionierenden Stadtmauer dokumentiere.

1773 wurde der Mendener Bürger Grevener vor den Rat zitiert, weil er ein Loch in die Stadtmauer gebrochen haben sollte. Dadurch würden, so der Rat, Diebe die beste Gelegenheit erhalten, Räuberei auszuüben. Offensichtlich legten die Bürger auf den Erhalt der Mauer noch hohen Wert. Im Jahre 1787 begann man an verschiedenen Stellen, die Ringmauern zunehmend als Steinbruch zu nutzen, obwohl einige Teile durch den Meister Simon kurz zuvor für 60 Reichsthaler ausgebessert worden waren. Im Jahre 1790 verkaufte der Rat ganze Teile der Befestigungsanlage an Private und nahm eine Überbauung hin, wobei Durchlässe allerdings immer noch nicht unerlaubt gebrochen werden durften.

An der Straße „An der Stadtmauer” sind die Kleinhäuser meist traufständig, niedrig und stehen ein- bis zweigeschossig auf sehr schmaler Grundfläche, Gademen genannt. Die hier dominante Geschoßbauweise beruht meist auf dünnen Ständern und Riegeln und ist ohne dekoratives Schnitzwerk.

Der sogenannte Schmarotzerbau „An der Stadtmauer 5” lehnt sich an die Stadtmauer an: Das Gebäude besteht aus drei Außenwänden in Fachwerk, während die rückwärtige Stadtmauer gleichsam einen Teil der vierten Außenwand ausmacht. Bei geringer Grundstücksgröße, die fast der überbauten Fläche entspricht, sparte man sich durch diese Weise den teilweisen Bau einer Außenwand. Der so zweckentfremdete Verteidigungswall wurde seiner ursprünglichen Funktion als freistehende Befestigungsanlage beraubt. Manche Kleinhäuser an dieser Straße stehen unwahrnehmbar auf Fundamenten der ehemaligen Stadtmauer oder auf vorgelagertem Baugrund, wo sie oft ohne Genehmigung errichtet wurden.

Das dreizonige „Kleineleutehaus” „An der Stadtmauer 5” ist ein Hausbeispiel, in dem die drei Mindestanforderungen des Wohnens noch gerade erfüllt wurden: Kochen, Essen und Schlafen. Häusliches Handwerk war bei dieser Raumenge nur sehr eingeschränkt möglich. Das in beiden Geschossen dreizonig angelegte Haus in Mischbauweise von Geschoß- und Stockwerkbau besitzt ein zur Traufseite leicht vorkragendes Stockwerk. Dieses Konstruktionselement ist von schmuckbildender Wirkung und gewährt dem Bau größere statische Sicherheit und eine geringfügig größere Wohnfläche im Obergeschoß. Die Stichbalken sind bautechnisch zur vorderen Straßenseite notwendig, da die Geschoßbalken firstparallel angelegt sind. Die Aussteifung der Wände geschah durch teilweise starke Riegel, Streben, Rähme und über zwei Geschosse reichende Eckständer. Das Oberlicht über der Tür erlaubt einen tiefen, ausreichenden Lichteinfall in den fast quadratischen Hausflur.

Das nicht vor der Mitte des 18. Jahrhunderts errichtete, quer aufgeschlossene Fachwerkhaus hat im Jahre 1925 vom mittigen, auch zwangsweise dem Wohnen dienenden Flur aus, der etwa ein Drittel der gesamten Hausgrundfläche von etwa 34 Quadratmetern umfaßt, nach links eine niedrige Küche. Ungewöhnlich hoch über dem Straßenniveau sind hier die Fenster angeordnet. Die hier angelegte Küche ruht auf einem gefensterten Keller, der mit seiner Achse des nach hinten leicht abfallenden, halb eingetieften Tonnengewölbes zur Straße ausgerichtet ist. Die Herdstelle mit Schornstein wurde vom Mittelraum aus bedient. Dieser diente somit ursprünglich als Kochstelle.

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