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Neuenrade S. 254
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Menden, S. 225

Neuenrade, S. 254
Dr. Rosenbohm, Leseprobe mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Geographischen Kommission.

Neuenrade-Luftbild

Neuenrade aus südöstlicher Richtung, Foto Hans Blossey, Hamm

Historische Entwicklung
Im Jahre 1353 begann der märkische Droste Gerhard von Plettenberg im Auftrag des Grafen Engelbert III. von der Mark zur Sicherung der märkischen Ostgrenze gegenüber dem Territorium des Grafen von Arnsberg mit dem Bau von Neuenrade und der Burg Klusenstein. Ursprünglich hieß Neuenrade to Rode, später Nyenrade und Neues Rade. Diese Ortsnamen basieren auf dem Namen der alten Bauerschaft Rode oder Rade, die schon um 1220 in der Vogteirolle des Grafen Friedrich von Altena–Isenberg zu finden ist. Zeitlich davor – 1146 und 1190 – ist bereits das nahegelegene Prämonstratenserkloster Berentrop urkundlich erwähnt.

Sönnecken hat auf Neuenrader Gebiet im Rennfeuerhüttenbezirk Berentrop und westlich davon zahlreiche Rennfeuerhütten aus dem 11.–13. Jh. entdeckt, die nach seiner Meinung in Beziehung zum Prämonstratenserkloster Berentrop gestanden haben können. Er weist in diesem Zusammenhang auf die günstige Verkehrslage dieses Raumes im Mittelalter hin, in dem es einige Fernwege, z.B. den Heerweg Köln–Lüdenscheid–Werdohl–Küntrop–Balve–Soest, gab. Diesem Heerweg entspricht auf dem Streckenabschnitt ab Lüdenscheid die heutige Bundesstraße 229. Die Namen „am Heerweg“, „Königsstraße“ und „Eisenweg“ erinnern noch an die alten Straßen und früheren Erz- und Eisenwarentransporte.

Die zur Eisenverhüttung erforderliche Holzkohlenerzeugung war hier damals ebenfalls weit verbreitet. Zahlreiche Meilerplätze sowie der Flurname „Kohlberg“ weisen auf die einstige Köhlerei hin.

1353 begann der Bau einer durch Tore, Mauern und Wassergräben befestigten Stadt zur Sicherung der Grenze mit Arnsberg. Zwei Jahre später, am 25. 07.1355, erhielt Neuenrade durch Graf Engelbert III. von der Mark Stadtrechte, darunter die der Selbstverwaltung, der Gerichtsbarkeit und der Veranstaltung von drei Jahrmärkten. Die mehr als 900 Jahre alte Gerichtslinde (Femelinde) in der Parkanlage auf dem Wall erinnert noch heute an die damalige Gerichtsbarkeit. Auch der Neuenrader Getrudenmarkt, das Gertrüdchen, geht auf diese Zeit zurück und findet im Frühjahr als Kirmes mit Tanz in allen Gaststätten statt.

Zudem wurde Neuenrade damals Sitz eines märkischen Amtes, dessen Amtsträger (Drosten) bis ins 17. Jh. auf der Stadtburg ihren Amts- und Wohnsitz hatten. Zu ihrem Verwaltungsgebiet gehörten damals auch Werdohl und Ohle. In Werdohl stand die für Neuenrade zuständige Pfarrkirche; sie gehörte den Berentroper Prämonstratensern. 1360 wurde in Neuenrade eine eigene Kapelle erbaut, deren steinerner Turmunterbau in der Evangelischen Kirche erhalten geblieben ist. In Verbindung damit taucht 1366 erstmals in einer Urkunde der Name Neuenrade („Nyenrode“) auf. Erst nach 1600 endeten die letzten Bindungen an die Mutterkirche in Werdohl.

Form und Umfang der mittelalterlichen Stadtgründung sind im planmäßig-rechteckigen Kern der gegenwärtig bebauten Flächen noch gut zu erkennen. Etwa 100 Familien wohnten im 14. Jh. in der durch Stadtmauern, Wassergräben und zwei Stadttore gesicherten Stadt. Überwiegend als Ackerbürger trieben die Bewohner in der ausgedehnten Feldmark Ackerbau und Viehzucht. Handel und Gewerbe kamen hinzu und ermöglichten im 16. Jh. die Aufnahme Neuenrades als Dortmunder Beistadt in den Städtebund der Hanse.

Hönne und Lunkerbach speisten die Wassergräben und umspülten an der Südseite der Stadt in beträchtlicher Weite, wie eine Stadtansicht um 1770 erkennen lässt, die Reste einer Turmhügelburg (Motte). Die Ackerbürgerhäuser standen mit ihren hohen Giebelwänden entlang der fünf Längsstraßen – Eulengasse, Erste, Zweite und Dritte Straße, Kletterpot – dicht gedrängt nebeneinander. In jeder Giebelwand befand sich eine große Deelentür; im Hausinneren waren Menschen, Tiere und Erntevorräte unter einem Dach vereint.

Zu verheerenden Stadtbränden kam es wegen der strohgedeckten Dächer, der Fachwerkwände und der engen Bauweise in den Jahren 1394, 1429, 1486, 1507, 1521, 1547, 1621, 1687, 1695, 1714 und 1732.

Nach 1830 setzte die Industrialisierung ein. Bis dahin hatte sich seit dem Mittelalter, mitbedingt durch die Grenzlage, nichts wesentlich verändert. Nun entstanden die ersten Fabriken: Schniewindt, Gries, Sternberg und Klinke; nach 1870: Büsche, Schürmann und Hilleke, Schroeder.

Gefördert wurde dieser Industrialisierungs- und Stadtentwicklungsprozess durch den Bau fester Straßen durch die Höllmecke nach Altena (1832) und nach Werdohl mit Anschluss an die Ruhr-Sieg-Eisenbahn (1861). Förderlich war seit 1912 auch die eigene Bahnverbindung durch das Hönnetal mit Balve, Menden und dem Anschluss an die Ruhrtal- und Hellwegbahnen in Fröndenberg und Unna.

In Verbindung mit dem starken Wachstum der Lennetalgemeinden nach der Fertigstellung der Ruhr-Sieg-Eisenbahn schieden Werdohl und Ohle 1890/91 aus dem Verband des 1816/17 gebildeten Amtes Neuenrade aus.

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